Utopie ganz konkret
Eine Utopie erscheint oft riesengroß und unerreichbar und kann darum schnell ein Gefühl der Überforderung auslösen. Dies gilt umso mehr, wenn es um die Umsetzung geht. Hier kann ein Prototyp der Utopie eine hilfreiche Brücke sein. Ein solcher Prototyp kann die Prinzipien und Werte der Utopie in eine konkrete, handfeste Form bringen.
Es geht beim Prototyping nicht darum, die gesamte Utopie in im Kleinen zu bauen, sondern ein einzelnes Projekt oder eine Initiative zu finden, in der die Utopie lebendig und spürbar werden kann. Der Prototyp erfüllt folgende Zwecke:
- Er ermöglicht die Kommunikation der eigenen utopischen Idee und das Einholen von Feedback
- Es erlaubt das unverbindliche Erproben und Testen von Funktionen, Abläufen und Ausdrucksformen der Utopie
- Indem ein Anfang im Kleinen gemacht wird, hilft er dabei, Angst und Überforderung angesichts großer utopischer Ideen zu überwinden
Voraussetzung für den utopischen Prototypen ist das Bild einer eigenen Utopie sowie ihrer Werte und Grundprinzipien (eine Herangehensweise dafür bietet etwa die Übung Utopische Insel ). Außerdem sollten die Teilnehmenden mit dem 3-Ebenen-Modell vertraut sein.
1. Prototyp-Idee finden
Zu Beginn führt sich jede:r Teilnehmende noch einmal die eigene Utopie vor Augen. Dann sammelt jede:r für ca. zehn Minuten erste Ideen für eine mögliche Umsetzung der Utopie. Leitfragen sind dabei:
- Welche Ideen hast du, um das Utopische in dein Leben und deine Arbeit zu bringen?
- Was für ein Projekt könnte die Qualitäten deiner Utopie manifestieren – egal wie groß oder klein?
Der Art und Form des Prototyps sind keine Grenzen gesetzt. Ideen dazu gibt es in den Beispielen am Ende dieser Seite. Sie reichen von einem neuen Meeting bei der Arbeit hin zu einem innovativen Podcast oder Blogbeitrag zu einem Thema.
Priorisieren und zusammenführen
Nun lesen sich die Teilnehmenden ihre Ideen durch und wählen die drei bis vier Ideen aus, die ihnen besonders gut gefallen. Daraufhin prüfen sie, ob sich manche ihrer Lieblingsideen zu neuen, kreativen Synthesen verbinden lassen. Schließlich entscheiden sie sich für einen der Prototypen, mit dem sie im weiteren Prozess fortfahren wollen.
2. Quick-Prototypen bauen
Nun kann damit begonnen werden, den gewählten Prototypen in einen kleinen Quick-Prototypen zu verwandeln. Je nach zeitlichem Umfang und Format (online oder offline), kann zwischen zwei Varianten ausgewählt werden.
Schnell und einfach (online und offline, 15-45 Min.)
Für die Quick-Prototypen sind vielerlei Formen möglich: eine Zeichnung des späteren Prototypen, eine Agenda oder Einladung (z. B. für das neue Meeting), ein kleines Konzept (z. B. für den neuen Podcast), etwas Gebasteltes aus Papier oder anderen Materialien, eine schauspielerische Inszenierung (z. B. wenn es ein Begegnungsformat ist), einen kurzen Text, eine Powerpoint-Skizze usw. Das Quick-Prototyping dient dazu, spielerisch etwas auszuprobieren und anderen besser von der Idee erzählen zu können.
Sobald jede:r Teilnehmende sich für eine Form entschieden hat, können sie loslegen. Währenddessen sollte auf Sprechen überwiegend verzichtet werden.
Umfangreich (nur offline, 45-60 Min.)
Prototypen können bei entsprechender Bereitstellung von Material aus einer Menge Kreativ- und Bastelmaterial „gebaut“ werden. Dazu gehören Holzklötze, Knete, Papier, Steine, Federn, Strohhalme, Glasperlen, Figuren, Schnüre, Stifte uvm.
Hilfreich ist es, den Teilnehmenden jeweils ein Flipchart-Papier als Untergrund für ihren Prototypen zu geben und das Kreativmaterial zentral bereitzustellen.
Beispiel
In meiner Utopie liegt mein Unternehmen in der Hand aller Mitarbeitenden. In meinem Prototyp probiere ich neue Verantwortungsmodelle im Rahmen eines kollektiv verwalteten Projekts aus. In meinem Quick-Prototypen habe ich eine Skizze angefertigt, wie die Selbstorganisation in dem Projekt funktionieren könnte.
3. Gegenseitiges Vorstellen
Nun werden je nach Gruppengröße und eingeplanter Zeit Kleingruppen mit zwei bis vier Personen gebildet. Diese Stellen sich gegenseitig ihre Prototypen vor.
Nach der Vorstellung eines jeden Prototyps, stellen die Zuhörenden der vorstellenden Person die folgenden Reflexionsfragen, die zur Schärfung und Überprüfung des Prototypen dienen:
- Verkörpert dein Prototyp die Vision deiner Utopie, wenn auch nur im Kleinen?
- Werden alle Betroffenen auf den drei Ebenen Individuum, Organisation, Gesellschaft einbezogen? Ziehen sie alle einen Nutzen aus dem Prototypen? (siehe 3-Ebenen-Modell)?
- Würde dir die Umsetzung dieses Prototypen Spaß machen bzw. was bräuchte es damit du Spaß daran hast?
- Ist der Prototyp schnell umsetzbar?
- Kann man den Prototypen im Kleinen und lokal umsetzen?
- Ist er replizierbar oder skalierbar?
Wenn alle ihren Prototypen vorgestellt haben, kann in der Kleingruppe noch über die Erfahrungen beim Erstellen der Prototypen und dem Beantworten der Fragen reflektiert werden.
4. Nächste Schritte festlegen
Um den Prozess der Realisierung weiterzuführen, gilt es nun gilt, möglichst konkrete nächste Schritte festzulegen. Dafür können sich die Teilnehmenden folgende Fragen vornehmen:
- An welchen Stellen will ich meinen Prototypen noch anpassen?
- Was sind die konkreten nächsten Schritte für seine Umsetzung?
- Was ist die unmittelbar nächste Erledigung? (z. B. Schreiben einer E-Mail, eine Person anrufen, …)
- Welche konkreten Dinge nehme ich mir für die nächsten drei Wochen vor?