Synthesenbildung
Eine gemeinsame Utopie kann für eine Organisation oder ein Team, eine Projektgruppe, ein Bündnis, ein Vorhaben oder für einen Ort ein wertvoller Leitstern sein. Die Methode baut darauf auf, dass vorher individuelle Utopien entworfen wurden, etwa durch Utopische Insel, Utopische Zeitreise oder Utopian Charge.
Der Kern des Vorgehens besteht darin, nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, sondern aus den verschiedenen Utopien und Teilaspekten kraftvolle Synthesen zu bilden. Das kann auch bedeuten, neue, innovative Zusammenführungen scheinbar gegensätzlicher Lösungen zu entdecken.
Vorgehen
- Vorstellen der verschiedenen Utopien – Falls noch nicht in einer vorangegangenen Übung geschehen, stellen alle Teilnehmenden nacheinander der Gruppe ihre individuellen Utopien vor. Idealerweise haben sie die Kerngedanken schon auf Post-Its geschrieben oder eine andere Übersicht erstellt. Wenn nicht, können sie während der Vorstellung mitgeschrieben werden.
- Identifizieren gegensätzlicher Lösungen – Gemeinsam identifiziert die Gruppe Elemente der vorgestellten Utopien, die sich scheinbar widersprechen (z.B. “bedingungsloses Grundeinkommen” und “geldfreie Gesellschaft”). Diese werden auf Post-Its geclustert.
- Das höchste Potenzial finden – Die Widerspruchs-Cluster werden nacheinander angeschaut. Bei jedem Cluster drücken die Teilnehmenden ihre Wertschätzung über die Elemente der verschiedenen Ansätze aus, die ihnen besonders gefallen. Nun macht sich die Gruppe auf die Suche nach einer kraftvollen Synthese, d. h. einer Zusammenführung und Integration dieser auf den ersten Blick widersprüchlichen Lösungen. Dabei geht es um eine kreative Verbindung der besten Elemente der jeweiligen Ansätze (z. B. ein bedingungsloses Grundeinkommen an Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Kleidung und Hausrat in einer geldfreien Gesellschaft). Dazu kann ein Input zu Sowohl-als-auch hilfreich sein. Je nach Gruppengröße kann auch parallel in Kleingruppen an der Synthesenbildung gearbeitet werden. Dieser Ablauf wird für alle Widerspruchs-Cluster wiederholt, wodurch sich langsam ein umfängliches Bild einer vielseitigen gemeinsamen Utopie formt.
- Zusammenpassende Utopie-Elemente identifizieren – Nun werden auch die vorgeschlagenen Elemente durchgegangen, die nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern sich gut zusammenbringen lassen. Die Gruppe entscheidet, ob diese Elemente Teil des utopischen Gesamtbildes sein sollen oder, wenn es nicht genügend Begeisterung dafür gibt, weggelassen werden. Die so entstehende gemeinsame Utopie und ihre einzelnen Elemente können von der Gruppe solange weitergedacht werden, bis sie sich für alle stimmig anfühlen.
- Gemeinsame Utopie finalisieren – Das Ergebnis der gemeinsamen Utopie kann nun noch kreativ aufbereitet werden, etwa grafisch oder schriftlich. Gemeinsam wird die Utopie beschlossen und gefeiert!
Tipps und Variationen
- Entscheidungen zu Synthesen, Utopie-Elementen oder der Gesamtutopie können per Konsent statt per Konsens getroffen werden. Konsent ist anders als Konsens eine Abstimmung, in der nur dann keine Zustimmung erfolgt, wenn jemand schwerwiegende Bedenken hat. Vertiefend dazu bei soziokratie.org.
- Für den gesamten Prozess bietet es sich sehr gut an, von Graphic Recording unterstützt zu werden. So entsteht nicht nur eine ästhetische Aufbereitung der finalen Utopie, sondern auch die Bildung von Synthesen kann in das Bild einfließen. Außerdem ist das Resultat des Graphic Recordings eine wertvolle Gedächtnisstütze und Ressource, auf die sich später bezogen werden kann.